Stellungnahme zum “Jugendfreiwilligenjahr” des BMFSFJ
Am 03. Dezember 2018 stellte Bundesjugendministerin Frau Dr. Giffey ihr Konzept für ein neues Jugendfreiwilligenjahr vor.
Die bestehenden Freiwilligendienste FSJ,FÖJ und eben auch der BFD sollen dadurch verbessert werden. Möglich macht das eine Aufstockung des Budgets des Bundesjugendministeriums für 2019.
Wir Bundessprecher*innen des BFD haben uns dieses Konzept natürlich sehr zu Herzen genommen und lange daran gearbeitet, eine Stellungnahme dazu zu schreiben.
Manchen Grundsätzen konnten wir recht kommentarlos einfach zustimmen (deshalb gibt es keine Stellungnahme zu Grundsatz 1 und 5.2), zu anderen haben wir lange Texte geschrieben, da wir beispielsweise die Methoden, die im entsprechenden Grundsatz vorgestellt wurden, für nicht zielführend halten.
Um unsere Stellungnahme übersichtlich zu gestalten, haben wir in diesem Blogbeitrag jeden Grundsatz (zu dem wir Stellung beziehen) aufgeschrieben und dahinter in einem Spoiler (z.B. „Das denken wir dazu“) unsere Stellungnahme veröffentlicht. Mit einem Klick auf den Spoiler kann der Inhalt ein- und ausgeklappt werden.
Das Konzept für ein Jugendfreiwilligenjahr, aus dem wir die Grundsätze unverändert übernommen haben, findest du hier.
Freiwilligendienste stärken heißt Demokratie stärken!
Investitionen in Jugendfreiwilligendienste bedeuten Investitionen in die Zukunft. Freiwilligendienste sind nicht nur eine wichtige Stütze der Gesellschaft sondern vermitteln Jugendlichen als Bildungsdienste grundlegendes demokratisches, soziales und gesellschaftliches Verständnis. Daher sind wir froh, dass nun auch auf Bundesebene Ausbau und Sicherung der Freiwilligendienste geplant wird.
Hürden für Benachteiligte müssen gesenkt werden.
Für sozioökonomisch schwächer situierte oder inklusions-/ integrationsbedürftige Menschen sind häufig die Hürden in den Freiwilligendiensten weiterhin zu hoch. Das BMFSFJ möchte mit Maßnahmenvorschlägen die Verbesserung der Jugendfreiwilligendienste anregen, die wir mit folgender Stellungnahme auf den Prüfstand stellen, ergänzen und für die wir alternative Ansätze darlegen. Wir danken Frau Giffey für die Möglichkeit der Prozessbegleitung und -Teilhabe und tragen gerne zur Umsetzung eines fortschrittlichen und begrüßenswerten Konzeptes bei.
GRUNDSATZ 2
Wir brauchen einen Rechtsanspruch auf Förderung aller Freiwilligendienst-Vereinbarungen für unter-27-Jährige in FSJ, FÖJ und BFD.
- Im FSJ, FÖJ und BFD soll der Bund allen unter-27-Jährigen, die ein Jugendfreiwilligenjahr in Deutschland ableisten wollen, einen Rechtsanspruch auf Förderung gewähren, und zwar nach folgendem Prinzip:
- Freiwillige und Einsatzstelle sind und bleiben in ihrer gegenseitigen Auswahl selbstbestimmt und unabhängig. Der Bund gewährleistet die Förderung aller tatsächlich zustande kommenden Freiwilligendienstvereinbarungen.
- Dafür wollen wir die nötigen Voraussetzungen schaffen.
GRUNDSATZ 3.1
Wir verbessern die finanziellen Rahmenbedingungen für Freiwillige.
- Fahrkarten-Zuschuss: Kein Jugendfreiwilligenjahr darf daran scheitern, dass Engagierten das Geld für eine ÖPNV-Fahrkarte zwischen Wohnung und Einsatzstelle fehlt. Deshalb wollen wir im Rahmen des Jugendfreiwilligenjahres einen Zuschuss von pauschal 25,- Euro für den Kauf eines ÖPNV- Zeitfahrtickets einführen.
GRUNDSATZ 3.2
- Freiwilligengeld: Wir wollen, dass es im Jugendfreiwilligenjahr ein gleiches „Freiwilligengeld“ für alle gibt, nicht nur wie jetzt schon beim Taschengeld für alle Freiwilligen in derselben Einsatzstelle, sondern für alle unter-27-jährigen Freiwilligen überhaupt. Denn ihr Engagement sollte uns bei aller Vielfalt und Buntheit gleich viel wert sein. Statt wie bisher nur anteilig bis zu einem Deckel von 250 Euro und auch nur im BFD sollte der Bund künftig das Freiwilligengeld für alle unter-27-jährigen Freiwilligen (also auch im bisherigen FSJ und FÖJ) bis zur Obergrenze von 402,- Euro komplett übernehmen zuzüglich der entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge.
GRUNDSATZ 4
Wir sorgen für Wertschätzung und Anerkennung, und zwar nicht nur „dabei“, sondern auch danach.
- Jugendfreiwilligenjahr-Zertifikat: Wir werden für die Teilnehmenden des Jugendfreiwilligenjahres ein Jugendfreiwilligenjahr-Zertifikat ausstellen, mit der sich alle Teilnehmenden besser bewerben können, z.B.:
- indem sich die Bundesregierung für ihren Bereich dafür einsetzt, im öffentlichen Dienst die Urkunde in der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen,
- indem die Länder und Hochschulen entsprechende Bonus-Regelungen bei der Berechnung der Wartesemester, beim Numerus Clausus oder bei den Studien- und Prüfungsordnungen schaffen, indem wir in Gesprächen mit der Wirtschaft Wege finden, in den Ausbildungs- und Prüfungsordnungen eine Anerkennung als Pflichtpraktikum o.ä. zu verankern.
GRUNDSATZ 5.1
Wir verbessern den Freiwilligendienst für Menschen mit besonderen Lebensumständen, Behinderungen und anderen Benachteiligungen.
- Teilzeit-Möglichkeit: Das Jugendfreiwilligenjahr ist auch für Menschen da, die nicht acht Stunden täglich einen Freiwilligendienst absolvieren können, weil sie noch anderweitig in Anspruch genommen werden. Die aktuell bereits laufende Gesetzesänderung, mit der in FSJ, FÖJ und BFD eine Möglichkeit zum Teilzeit- Freiwilligendienst auch für unter-27jährige geschaffen wird, ist ein wichtiger Schritt zur Erschließung neuer, bisher zu wenig berücksichtigter Interessentengruppen.
GRUNDSATZ 5.3
- Bessere Bildungschancen: Das Jugendfreiwilligenjahr soll besondere Chancen eröffnen für Jugendliche mit Bildungsbenachteiligungen. Deshalb will das BMFSFJ abteilungsübergreifend ab 2019 ein spezielles Freiwilligendienstformat im FSJ unterstützen mit dem Ziel, bildungsbenachteiligte junge Menschen zu qualifizieren und ihnen dadurch die Entscheidung und den Zugang für eine Ausbildung zum und zur Alten- bzw. Krankenpflegehelfer/in zu erleichtern.
Zusatz unsererseits: Beteiligung
In den Freiwilligendienstgesetzen sollte der Auf- und Ausbau, die Verbesserung und Unterstützung von individuell gestalteten Sprecher*innen-Systemen verankert werden. Dazu ist auch eine gesetzliche finanzielle Mindestförderung demokratischer Beteiligungsformen der Freiwilligen nötig.
1 https://www.schuelerticket.hessen.de/#showfaq